LIFE-Projekt Salzachauen
Das LIFE-Projektgebiet umfasst das 1.140 Hektar große Natura 2000-Gebiet Salzachauen mit der 350 Hektar großen Weitwörther Au als Kerngebiet. Es liegt wenige Kilometer nördlich der Landeshauptstadt Salzburg und erstreckt sich 20 Kilometer entlang des Grenzflusses Salzach zwischen Siggerwiesen und der Landesgrenze im Norden. Direkt angrenzend befinden sich Natura 2000-Gebiete in Oberösterreich und Bayern. Charakteristisch für das Natura 2000-Gebiet sind die ausgedehnten flussbegleitenden Auwälder, die an einigen Stellen von ehemaligen Baggerseen durchsetzt sind.
Die Salzachauen stellen eines der artenreichsten und naturschutzfachlich wertvollsten Schutzgebiete im Bundesland Salzburg dar. Sie sind zur Gänze nach der Vogelschutzrichtlinie und zum überwiegenden Teil auch nach FFH-Richtlinie gemeldet. Wichtige Schutzgüter sind insbesondere Weichholzauwälder (FFH-Code 91E0), Hartholzauwälder (91F0), Eisvogel, Mittelspecht, Grauspecht, Schwarzspecht, Halsbandschnäpper, Gelbbauchunke, Kammmolch, Mopsfledermaus und Scharlachkäfer. Die untere Salzach ist zudem der letzte auf längerer Strecke ungestaute Voralpenfluss dieser Dimension in ganz Österreich.
Ausgangslage
Große Teile des Kerngebiets Weitwörther Au waren zu Projektbeginn im Privatbesitz. Sie wurden sowohl forstwirtschaftlich als auch zur Jagd und Fischerei intensiv genutzt. Der Wald wurde streckenweise von naturfernen fichten- und hybridpappeldominierten Beständen mit geringem Biotopholzanteil geprägt - Alters- und Zerfallsphasen fehlten. Durch die Regulierung der Salzach vor rund 150 Jahren und die nachfolgende Eintiefung war die Vernetzung von Fluss und Aue stark eingeschränkt. Der Ausee als ehemaliger Baggersee mit steilen Ufern und intensiver fischereilicher Nutzung war ein Fremdkörper in der Au. Die jagdliche Nutzung war nicht auf die Bedürfnisse der Schutzgüter abgestimmt.
Das Gebiet wird traditionell als Naherholungsgebiet genutzt. Eine wirksame Besucherlenkung bzw. -information war jedoch nicht vorhanden.
Das LIFE-Projekt
Das LIFE-Projekt Salzachauen mit einem Projektbudget von 10,5 Millionen Euro wurde vom Amt der Salzburger Landesregierung, Abteilung Natur und Umweltschutz, Gewerbe von Oktober 2015 bis Juni 2021 umgesetzt.
Übergeordnetes Ziel war die Realisierung eines Musterprojekts für eine vorbildlich renaturierte und erlebbare Aulandschaft. Wichtiger Bestandteil war der Ankauf großer Teile der Weitwörther Au durch das Land Salzburg.
Nachfolgend ein Überblick über die umgesetzten Maßnahmen:
Habitatoptimierung von Auwaldflächen
Die forstlich überprägten Waldbestände in der Weitwörther Au, vor allem die Fichtenforste und Hybridpappelplantagen, sollen sich langfristig hin zu natürlichen Auwaldbeständen entwickeln. Dazu wurden rund 10 ha Fichtenforste geschlägert. Auf den Rodungsflächen wurden in Ergänzung zur Naturverjüngung, je nach Standort, Baumarten der Weichen oder der Harten Au gepflanzt. In den bereits natürlich ausgeprägten Beständen wurden keine Maßnahmen umgesetzt, vielmehr wurden diese aus der forstlichen Nutzung genommen und der natürlichen Entwicklung (Prozessschutz) überlassen. Zusammen mit dem im Westen an die LIFE-Ankaufsflächen angrenzenden, bereits seit längerem nicht mehr forstlich genutzten und sehr naturnah ausgeprägten Waldbestand im Eigentum der Republik Österreich, entsteht ein rund 250 Hektar großer natürlicher Auwaldkomplex.
Vorlandabsenkung
Teile der Au, vor allem fichten- und hybridpappelgeprägte Flächen entlang des Reitbachs und Uferbereiche des Ausees wurden im Mittel um zwei Meter „tiefer gelegt“, um zu erreichen, dass der Reitbach sie wieder häufig überschwemmen kann und hierdurch hochdynamische Standorte der Weichen Au zu schaffen. Dadurch werden neue Bestände des Lebensraumtyps 91E0 initiiert. Das dabei anfallende Material wurde dazu verwendet, um am Ausee Flachwasserbereiche anzulegen.
Aufwertung des Ausees
Der Ausee in der Weitwörther Au war vor rund 20 Jahren als Baggersee entstanden und zu Projektbeginn wurde er intensiv fischereilich genutzt. Mit dem Ankauf des Ausees wurde auch das Fischereirecht erworben - die Fischerei wurde eingestellt und Hütten und Stege entfernt.
Die monotonen steilen Ufer wurden mittels Materialeintrag aus den Vorlandabsenkungen zu gebuchteten Flachwasserbereichen, mit damit verbundener Aufwertung als Lebensraum, umgestaltet. Für den Eisvogel wurde eine künstliche Brutwand angelegt, die bereits im zweiten Jahr angenommen wurde. Sie liegt gegenüber dem Hide und ermöglicht es den Besuchern, das „Maskottchen“ der Salzachauen live zu erleben.
Ein Blitzlicht des Monitorings: Im Pre-Monitoring vor den Umbaumaßnahmen kam die FFH-Art Bitterling am Ausee nicht vor. 2020, nach der Renaturierung, konnten 109 Bitterlinge nachgewiesen werden.
Schaffung neuer Habitate für gefährdete Amphibienarten
Für diverse Amphibienarten sind 13 neue Tümpel angelegt worden - mit einer hohen Diversität hinsichtlich Wassertiefe und Beeinflussung durch Grundwasser und Hochwasser. Die neuen Gewässer wurde von Amphibien sehr gut angenommen: So waren vor der Anlage der Tümpel sieben rufende Laubfroschmännchen in der Weitwörther Au gezählt worden, aber bereits im ersten Jahr nach der Fertigstellung 57 - also mehr als achtmal so viele. Auch beim Springfrosch haben sich die Individuenzahlen innerhalb von zwei Jahren mehr als verdreifacht. Gelbbauchunke und Kammmolch haben sich leider bis dato (Stand 2/2021) noch nicht eingefunden.
Dynamisierung des Reitbachs
Am Reitbach, dem wichtigsten Nebengewässer der Salzach in der Weitwörther Au, wurden auf rund vier Kilometer Länge Initialmaßnahmen zur Erhöhung der Eigendynamik gesetzt. Dazu gehört insbesondere das Einbringen von Raubäumen.
Die Maßnahmen haben bereits zu einer stärkeren Differenzierung von Fließgeschwindigkeit und Sohlsubstrat geführt, wodurch insbesondere attraktive Habitate für das einst in den Salzachauen heimische Ukrainische Bachneunauge entstanden sind. In einer Kooperation mit den bayerischen Behörden und Fischereiberechtigten wurden 2020 rund 2000 junge Neunaugen (sogenannte Querder) aus dem bayerischen Inn im Reitbach angesiedelt. Die Maßnahme wird durch ein mehrjähriges Monitoring überprüft.
Wildökologisches Management
Mit dem Grundankauf wurde auch das Jagdrecht erworben. Auf Grundlage eines wildökologischen Managementkonzepts wird seit 2016 die Jagd unter vorrangiger Berücksichtigung der verschiedenen Natura 2000-Schutzgüter durchgeführt. So wurde die früher praktizierte Trophäenjagd eingestellt und die Abschusszahlen zielen jetzt auf eine natürliche Wildzusammensetzung und vor allem auf das Ziel einer natürlichen Waldverjüngung ab. Auch die Wasservogeljagd wurde komplett eingestellt.
Besucherlenkung und -information
Damit die Besucherinnen und Besucher die renaturierte Au besser erleben können und damit noch mehr schätzen und respektieren lernen, wurden verschiedene Naturerlebniseinrichtungen geschaffen - unter anderem ein Auenerlebnisweg rund um den Ausee mit einem Vogelhide und Aussichtsplattformen. Liebevoll gestaltete Informationstafeln informieren über die wichtigsten LIFE-Ergebnisse und die verschiedenen Schutzgüter. Cartoons bringen die nötige Prise Humor. Der zentrale Abschnitt des Auenerlebniswegs ist zudem für mobilitätseingeschränkte Besucher geeignet. Neben der Bewusstseinsbildung dient die neue Besucherinfrastruktur auch wesentlich der Besucherlenkung.
Impressionen aus dem Projekt
© Christian Ragger